Natur erleben und erfahren: Das ist das Motto des Umweltzentrums Heerser Mühle.
Seit 1987 engagiert sich das Umweltzentrum am historischen Standort der Heerser Mühle im Bereich der Umweltbildung und des Umwelt- und Naturschutzes.
Mittlerweile besuchen fast vierzigtausend Menschen die Einrichtung jährlich.
Die ersten Überlegungen zu einem Salzufler Naturschutzzentrum gehen auf das Jahr 1985 zurück: Die Fraktion der Grünen stellt am 31. Januar im Hauptausschuss den Antrag, „die Verwaltung mit der Planung eines Naturschutzzentrums zu beauftragen.“
Im Juni 1985 traf sich auf Einladung der Verwaltung eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger in der Volkshochschule, die in der Folge erste Ideen für das neue Zentrum entwickelten.
Nach einem Grundsatzbeschluss des Rates 1986 nahm die Idee, in Bad Salzuflen ein Naturschutzzentrum zu errichten, greifbare Gestalt an: Zum 1. September 1987 wurden drei ABM-Kräfte eingestellt, die ihren Arbeitsplatz zunächst im Rathaus der Stadt hatten. Noch unter dem Arbeitstitel Naturschutz-Zentrum wurden die bereits vorhandenen Ideen weiter entwickelt und konkrete Pläne zur Umsetzung entworfen.
Nach dieser intensiven Planungsphase konnte bereits im Frühjahr 1988 mit der praktischen Arbeit am Standort Heerser Mühle begonnen werden.
Mit hohem Einsatz wandelte sich das Gelände schnell: wo früher Remisen an Pferdehaltung und Hügel an zentraler Kompostierung erinnerten, entstanden in erstaunlich kurzer Zeit neue strukturreiche Lebensräume sowie zahlreiche Anschauungs- und Demonstrationsobjekte. Mit tatkräftiger Unterstützung von Kindergärten, Schulklassen, Vereinen und Bürgern entstanden in der Folgezeit die Grundelemente des heutigen Umweltzentrums.
Zwei Jahre nach dem ersten Spatenstich 1990 ging das Umweltzentrum Heerser Mühle in die Trägerschaft des neu gegründeten gemeinnützigen Vereins „Umweltzentrum Heerser Mühle e.V.“ über.
Nahezu einzigartig ist und bleibt die Tatsache, dass beinahe alle gesellschaftlichen Gruppen, von den Kirchen über den Schützenverein bis zum BUND sowie sämtliche politischen Parteien Mitglied im Trägerverein sind. Die Mitgliederzahl liegt aktuell bei 638.
Die Heerser Mühle wurde 1358 erstmals urkundlich erwähnt.
Bis 1869 waren die Höfe im Amte Schötmar verpflichtet, ihr Korn in Heerse mahlen zu lassen. Ursprünglich gehörte die Mühle dem Grafen bzw. Fürsten zu Lippe, ging aber mit der Domäne Heerse 1921 an die Stadtgemeinde Schötmar. In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1925 brannte die gesamte Mühlenanlage ab.
Im Jahr 1928 errichtete die Stadt Schötmar in der Heerser Mühle ein Turbinenkraftwerk, das aber aus Rentabilitätsgründen Anfang der siebziger Jahre demontiert wurde.
Nach der Schließung der zuletzt von Erich Klocke betriebenen Sägemühle im Jahr 1983 wurde ein Teil der vorhandenen Stallungen und landwirtschaftlichen Flächen noch bis 1988 von Friedrich Krieger aus Schötmar als Pferdeweide genutzt und gepflegt.
Gleichzeitig richtete die Stadt Bad Salzuflen auf dem Gelände der Heerser Mühle in den Jahren 1983 bis 1990 einen Kompostplatz ein.
Nach Beendigung der Kompostierung wurden die Flächen bis Ende 1993 als Annahmestelle und Zwischenlager für Grünabfälle genutzt.
Das renovierte Gebäude der Heerser Mühle wurde am 8. Juni 1991 von der Stadt an den Trägerverein „Heerser Mühle e.V.“ übergeben.
Zur umfangreichen Geschichte der Heerser Mühle gibt es in der Reihe der „Lippischen Kulturlandschaften“ im Heft 6 einen sehr interessanten Beitrag von Georg Heil.
Die tägliche Arbeit am historischen Standort der Heerser Mühle mit seiner langen und wechselvollen Geschichte ist und bleibt eine Herausforderung. Allein die Unterhaltung der Gebäude erfordert ein hohes Maß an Flexibilität, Kreativität und Einsatzbereitschaft.
Das Umweltzentrum ist ein herausragendes Beispiel für die lebendige, sinnvolle und zeitgemäße Nutzung historischer Gebäude an einem geschichtsträchtigen Standort.
Einzigartig in seiner Vielfalt, seiner kunstvollen und kreativen Gestaltung und seiner Bedeutung für Mensch, Tier und Pflanze ist das Gelände rund um die Heerser Mühle.
So geben hier viele unterschiedliche Gärten und praxisnahe Anschauungsobjekte auf dem fast dreißig ha großen Gelände wertvolle Anregungen und Ideen für den naturnahen, verantwortungsvollen Umgang mit unserem Lebensraum.
Dazu gehören zum Beispiel der Schulgarten, in dem Schulen, Kindergärten und Jugendeinrichtungen ihre Beete haben, der bereits 1991 angelegte Apothekergarten, der Färbergarten, das große Teichfenster sowie insgesamt fünf Teiche, das bunte Lichtspielhaus, die Pflanzenarche und der 2016 neu gestaltete Wildbienenlehrpfad.
Das liebevoll und abwechslungsreich gestaltete Gelände und das große naturnahe Spielgelände machen die Einrichtung einzigartig für die Region und zu einem der beliebtesten kostenlosen Ausflugsziele für Familien.
Auf der großen Naturbühne finden bis zu einhundertzwanzig Besucher Platz, hier werden seit dem Jahr 2008 sehr erfolgreich Veranstaltungen wie Konzerte und Lesungen aufgeführt.
Das Mühlencafé mit seinen kulinarischen Angeboten rundet den Besuch des Umweltzentrums ab.
Nachhaltige Umweltbildung ist eine Kernaufgabe für die Zukunft: Unter diesem Leitbild arbeitet das Umweltzentrum. Grundsätzliches Ziel der Bildungsarbeit ist es, Kinder, Jugendliche und Erwachsene für die Belange des Umwelt- und Naturschutzes zu sensibilisieren und zum aktiven Handeln zu motivieren.
Der erste methodische Schritt der Umweltbildungsarbeit ist das Ermöglichen unmittelbarer, positiver Naturerfahrungen.
Das naturnahe und abwechslungsreiche Gelände rund um die Heerser Mühle bietet hierfür die besten Voraussetzungen.
Seit der Gründung des Umweltzentrums standen immer Kindergarten- und Schulkinder im Mittelpunkt des Interesses, für die zielgruppenspezifische An¬gebote entwickelt wurden. Zu zahlreichen Themen wie „Teich“, „Wiese“, „Kräuter“, „Fledermäuse“ oder „Neue Energien“ entstanden aus der Zusammenarbeit mit den Schulen Unter¬richtseinheiten, die auf dem Gelände, in den Gärten und in den Räumlichkeiten der Heerser Mühle durchgeführt werden.
Rund dreizehntausend Kinder, Jugendliche und Erwachsene nutzen die umfangreichen umweltpädagogischen Angebote jährlich.
Zudem werden vom Umweltzentrum in Kooperation mit anderen Vereinen und Institutionen im Jahr rund sechzig Veranstaltungen wie Vorträge, Exkursionen und Seminare angeboten. Rund um die Heerser Mühle findet seit achtundzwanzig Jahren der Umwelttag mit über einhundert Ausstellern und bis zu achttausend Besuchern statt.
Im Laufe der Jahre hat sich das Umweltzentrum Heerser Mühle so zu einem weit über die Region hinaus anerkannten außerschulischem Lernort und einem Werbeträger der Stadt Bad Salzuflen entwickelt.
Umfangreich und vielfältig sind die Aktivitäten und das Engagement im Bereich des Arten- und Naturschutzes. Es umfasst die Bereiche Amphibienschutz, Vogelschutz, Zauneidechsenschutz sowie den gesamten Bereich der Landschaftspflegearbeiten wie beispielsweise Kopfweidenschnitt, Heckenpflanzungen und in begründeten Fällen die gezielte und fachgerechte Entfernung von Neophyten wie der Herkulesstaude. Seit vielen Jahren ist das Umweltzentrum zudem aktiv beim Schutz und der Wiederansiedelung des Edelkrebses in Ostwestfalen.
Darüber hinaus ist das Umweltzentrum Arbeitsplatz, Einsatz- und Qualifizierungsort für arbeitslose Jugendliche, junge Erwachsene und ältere Personen (Jobcenter Lippe pro Arbeit der Arbeitsagentur, Träger awb e.V.), Ausbildungsplatz für zahlreiche Praktikanten und bereits seit 1996 Einsatzstelle für jeweils drei junge Menschen im Rahmen eines freiwilligen ökologischen Jahres.
Der Erhalt der Heerser Mühle ist nur Dank des großen Einsatzes vieler engagierter und überzeugter Bürgern möglich, durch die direkte Mitarbeit und durch eine von über 640 Mitgliedschaften im Verein.
Im Laufe der Jahre sind zahlreiche Projekte, Gruppen und Personen des Umweltzentrums mit Preisen ausgezeichnet worden, beispielsweise als UN-Dekade –
Projekt‚ Bildung für eine nachhaltige Entwicklung’, alljährlich mit den Umweltpreisen der Stadt Bad Salzuflen oder dem Naturschutzpreis des Lippischen Heimatbundes.
In den vergangenen Jahrhunderten gab es für die Heerser Mühle immer wieder existentielle Bedrohungen, von Plünderungen über Brände und Kriege bis hin zum Haushalts-sicherungskonzept.
Auch ganz aktuell geht es wieder einmal um viel für das Umweltzentrum:
Der derzeit geplante Neubau der B – 239 über das Gelände der Heerser Mühle würde nicht nur den historischen Standort sondern vor allem die über dreißigjährige erfolgreiche Arbeit nachhaltig gefährden.
Hier gilt es den Verantwortlichen die Einzigartigartigkeit und die herausragende Bedeutung des Umweltzentrums nachdrücklich vor Augen zu führen.
Zuversichtlich stimmen die breite Unterstützung und der große Rückhalt in der Bevölkerung sowie die Tatsache, dass auch die Heerser Mühle aller Gefährdungen in den vergangenen Jahrhunderten zum Trotz – auch diese schweren Zeiten überdauert hat und doch stets erhalten geblieben ist.